Es hätte ein Tag wie jeder andere sein können, hier, in der Rosewood High. Ein Tag wie tausende andere, die unbedeutend waren, die jeder überlebte. Ein gewöhnlicher Tag, an dem Spencer sich um nichts mehr Gedanken gemacht hätte, als über das kleine Minus an ihrer Eins in Spanisch. Sie hätte sich in ihren Gedanke ausgeschlagen, was alles noch zu erledigen war, bevor ihre Eltern wieder die halbe Stadt in ihr Haus einluden. Aber solche Lapalien waren an einem Tag wie diesem nicht möglich. Kurz griff sie an das Drehschloss ihres Spindes, bevor sie die richtige Zahlenfolge eingab und ihn öffnete. Ein ordentlich getippter Stundenplan und ordentlich aufgereite Bücher begrüßten sie, gegliedert nach Fächern und Tagesabläufen. Eine Moyelle überließ nun einmal nichts dem Zufall, schon gar nicht Spencer, die ihre Hausaufgaben pünktlich und fehlerfrei abgab und ihren Notenschnitt Jahr auf Jahr hielt.
Ein Seufzen überkam ihre Lippen.
Irgendwie hatte Spencer nie damit gerechnet, dass Cressy tatsächlich tot war. Natürlich hatten die Fakten immer dafür gesprochen, aber es war ein komisches Gefühl zu wissen, dass sie nicht mehr leben sollte. Die blonde, junge Schönheit, die alles zu sein und alles zu haben schien. Der Sonnenschein einer Familie, die sie als Schatten hinter sich herzog. Niemand konnte neben Cressy stehen, ohne in ihrem Licht unterzugehen. Doch nun war das Geheimnis nach mehr als einem Jahr traurige Gewissheit. Ihre Leiche war gefunden, die Stadt in neuer Aufruhe und ihr Stiefbruder in Untersuchungshaft. Alles schien, als wären die letzten eineinhalb Jahre nichts gewesen. Und nun, da es etwas zu untersuchen gab, da sie einen Verdächtigen hatten, da sie einen Fundort hatten - so schnell würde in der kleinen Stadt keine Ruhe mehr einkehren.
Spence griff nach ihrem Physikbuch und tat es in ihre Tasche, bevor sie den Spind wieder schloss.

Kurz strich die junge Moyelle sich eine ihrer Strähne hinter das Ohr, bevor sie ihren Spind wieder zuschloss. Ehrlich gesagt, hatte sie es nicht eilig, nach Hause zu kommen. Wenn ihre Eltern sich nicht gegenseitig anschwiegen, dann redeten sie über die baldige Ankunft ihrer Schwester, die Feier oder redeten darüber, dass sie den Callahans nie getraut hätten. Da trug es nicht gerade dazu bei, dass ihr Vater der Staatsanwalt in diesem Fall war. Spencer hatte sich nie Gedanken um die Callahans gemacht. Neben Cressy verschwand jeder, niemand konnte neben ihr stehen und gesehen werden. Wayett und seine Frau schienen damit auch nie ein Problem zu haben, sie waren stolz auf ihre Tochter, wie man nur stolz auf sie sein konnte - selten genug fiel dabei ihr Bruder aus dem Raster.
Fest entschlossen, sich zumindestens langsam auf den Weg nach Hause zu machen, hörte sie plötzlich neben sich eine Stimme. Spencers braune Augen bewegte sich auf die Stimme zu und sie sah eine blonde, hübsche Schülerin auf sie zu kommen. Samantha Hudson, sie hatten gemeinsam Englisch. Ihre Noten waren durchwachsen, sie fiel den Lehrern nicht mehr als nötig auf. In der Rosewood High gab es keinen Schüler, dessen Namen Spencer nicht kannte.
"Hey!" sagte sie und autmomatisch war ihr Lächeln angeknipst. Eine Erbkrankheit der Moyelles. "Ja, die bin ich ... und du bist Samantha Hudson."
Sie legte beide Hände an den Henkel ihrer Schultasche. "Was gibts?"

Spencer lächelte und gemeinsam gingen sie langsam zu Englisch. "Ich war in der Schüler Vertretung, ich kann so ziemlich jeden Namen..." gestand sie. Zusammen gingen sie zu Englisch und ließen die letzte Stunde über sich ergehen, bevor es klingelte und Spence sich auf den Weg nach Hause machte.

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